Das Museumsgebäude

Ein Haus voller Geschichte

Tausende Menschen passieren täglich von der Autobahn in Richtung Unikliniken das Erlanger Stadtmuseum. In den wenigen Sekunden des Vorbeifahrens erschließt sich die heutige Bedeutung des Gebäudes nicht sofort. Die imposante Fassade fällt jedoch bereits beim ersten Blick ins Auge.

Der barocke Sandsteinbau des Hauptgebäudes erhebt sich im Schatten des Kirchturms der Altstädter Kirche und überflügelt durch seine Höhe die beiden Häuser, die ihn links und rechts flankieren. Nicht nur die Größe, sondern seine gesamte Architektur machen deutlich, dass es sich hierbei um kein einfaches Wohnhaus handeln kann. Was wie ein Adelspalais wirkt, wurde tatsächlich von 1733/34 bis 1740 als Rathaus der Erlanger Altstadt erbaut. Mit seiner Dimension und Gestaltung sollte es das Selbstbewusstsein der Altstädter Bürger und ihren Anspruch auf eine selbständige Verwaltung zum Ausdruck bringen.

In der Eingangshalle befanden sich Verkaufsstätten für Bäcker und Metzger (Brot- und Fleischbank) sowie die Stadtwaage. Noch heute ist an der Decke der Haken erhalten, an dem die große Waage mit Waagbalken und Messinggewichten hing.

Im ersten Obergeschoss, das man über eine impostante Eichenholztreppe erreicht, lagen die Ratszimmer, deren Decken repräsentativen Stuck aufweisen. Sie wurden kurzzeitig auch als Spielstätte für durchziehende Theatergruppen (1749–1755) oder als Betsaal für Erlanger Katholiken (1784–1790) genutzt. Im zweiten Obergeschoss hatte der Stadtsyndikus seine Wohnung. Die Stuckdecken in diesen Räumen sind daher einfach gehalten. An der Ostseite des Innenhofes befand sich das Feuerwehrgerätehaus, in dem heute Verwaltungsräume des Stadtmuseums untergebracht sind.

Als 1812 die Erlanger Alt- und Neustadt vereinigt wurden, verlor das Altstädter Rathaus seine ursprüngliche Funktion. Es diente nun als Sitz des Hallamtes (Mautstelle), des Landgerichtes und als Leihhaus. 1921 erfolgte der Umbau zum Volkshaus mit Bücherei, Volksbildungsbund (Vorläufer der Volkshochschule), einem Teil des Heimatmuseums und Stadtarchiv. Eine kurze Reaktivierung der eigentlichen Funktion erfuhr das Gebäude ab 1933, als die Nationalsozialisten im alten Ratssaal Sitzungen abhielten. Von 1939 bis 1940 waren dort auch die Dienststellen des Kriegswirtschafts- und Ernährungsamts untergebracht. Während des Zweiten Weltkrieges wurde im mittleren Kellergewölbe eine Luftschutzbefehlsstelle eingerichtet, in der 1945 die Verhandlungen über die kampflose Übergabe Erlangens an die US-Armee stattfanden.

Nach Kriegsende konnte schon im November 1945 die Volksbücherei im Erdgeschoss wiedereröffnet werden. 1946 und 1947 tagte im ersten und zweiten Obergeschoss die Spruchkammer, anschließend mieteten die Siemens-Schuckert-Werke bis 1953 mehrere Räume an. Bis 1957 wurde in den beiden Obergeschossen die Bibliothek des Amerikahauses als „Deutsch-Amerikanische Bücherei“ untergebracht. Heimatmuseum und Stadtarchiv hatten weiterhin Räume zur Nutzung. Nachdem das Archiv in den 1958/59 erbauten Neubau im Innenhof und das Rückgebäude in der Cedernstraße umgezogen war, verblieb das Museum als alleiniger Nutzer des Altstädter Rathauses. Im Januar 1964 wurde es als Stadtmuseum eröffnet.

In den 1970er und 1980er Jahren erwarb die Stadt Erlangen benachbarte Gebäude aus dem vierseitigen Baublock und begann 1991 mit Umbau- und Renovierungsarbeiten. Die Ausstellungsfläche wurden um Räume im seitlich anschließenden Bürgerhaus Martin-Luther-Platz 8 (Bauzeit: um 1720) sowie in den Kellergewölben unter dem Rathaus erweitert. Der schmale Innenhof des Nebengebäudes wurde mit einer Stahlkonstruktion überdacht (sogenannte Brunnenhalle), die den renovierten Laubengang entlang der Hofseite vor weiterer Verwitterung schützt. Mit Einbau eines behindertengerechten Aufzugs 1993 war das Stadtmuseum die erste barrierefreie öffentliche Einrichtung in der Stadt Erlangen. Im Zuge der Umbauarbeiten wurde auch der Archivbau im Innenhof abgerissen.

Das erweiterte Museum konnte 1993 mit einer großen Jubiläumsausstellung zum 250. Geburtstag der Universität wiedereröffnet werden. Bis 2002 wurden sukzessive die einzelnen Abschnitte der Dauerausstellung des Stadtmuseums eingerichtet. Wo möglich, wurden Relikte aus der Entstehungszeit der Gebäude beibehalten. Beim Rundgang durch das Museum sind an vielen Orten – manchmal eher versteckt, manchmal sehr prominent – die barocken Spuren sichtbar.