Leonid Breschnew, Willy Brandt
Bonn, 1973
Bonn, 19. Mai 1973: Die Konzentration im Raum ist mit Händen zu greifen, obwohl das Gespräch im Zeichen der Entspannung steht: Als erstes Staatsoberhaupt der Sowjetunion ist Leonid Breschnew für einen offiziellen Besuch in die Bundesrepublik Deutschland gereist. Dort wird er von Bundeskanzler Willy Brandt empfangen.
Seit über 20 Jahren befindet sich die Welt im Kalten Krieg, die Machtblöcke in Ost und West stehen sich scheinbar unversöhnlich gegenüber, die Systemgrenze verläuft mitten durch Deutschland. Doch es gibt Hoffnung auf Veränderung: Mit seiner „Ostpolitik“ möchte Brandt Spannungen abbauen, den Austausch erleichtern, die wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit vertiefen. „Wandel durch Annäherung“ lautet das Schlagwort.
Darum geht es auch bei diesem Treffen, das die Fotografin Barbara Klemm mit ihrer Kamera eingefangen hat. Nur durch Zufall ist sie Augenzeugin der historischen Begegnung von Brandt und Breschnew geworden, denn eigentlich besaß sie gar keine Akkreditierung für diesen Termin. Ihre Zutrittsberechtigung galt nur für das Vorgespräch mit Außenminister Scheel, doch als sie erfuhr, dass beide Zugangskarten dieselbe Farbe hatten, wagte sie einen Versuch – und gelangte unverhofft in den innersten Kreis.
Brandt und Breschnew haben in einer Sitzgruppe Platz genommen, umgeben von Diplomaten und Dolmetschern. Nur wenige Fotografen sind im Raum, keine Kamerateams – die Politiker geben sich ganz natürlich, haben die Journalisten bald vergessen. So gelingt Barbara Klemm eines ihrer bekanntesten und, wie sie selbst sagt, wichtigsten Bilder. Für die Fotografin markiert es rückblickend den Beginn einer Entwicklung, die rund 15 Jahre später in den Mauerfall mündete.