Fall der Mauer
Berlin, 10. November 1989
Berlin am 10. November 1989. Wenige Stunden, bevor dieses Foto entstand, hatte sich Unvorstellbares ereignet: Nach Jahrzehnten der Teilung war die Berliner Mauer gefallen, Menschen aus dem Ostteil der Stadt strömten über die Grenzübergänge in den Westen.
Die FAZ-Fotografin Barbara Klemm saß in Frankfurt am Main vor dem Fernseher, als sie von dem historischen Ereignis erfuhr. Ohne zu zögern packte sie ihre Tasche und reiste in den Morgenstunden des 10. November an den Ort des Geschehens, nach Berlin. Dort führte ihr erster Weg zum Brandenburger Tor, das bald vom Symbol der Teilung zum Symbol der Einheit werden sollte.
Die Grenze schien ihren Schrecken an diesem Ort bereits verloren zu haben. Dicht gedrängt standen und saßen die Menschen auf der einst als unüberwindbar geltenden Mauer. Über eine Leiter gelangte auch Barbara Klemm nach oben und konnte so einen Blick auf die Ostseite erlangen.
Trotz der dort aufmarschierten Volkspolizisten war die Stimmung gelöst, wie das Foto zeigt: Eine junge Frau bittet einen der Volkspolizisten um ein Autogramm, lachend hält sie ihm einen Stift hin. Der Polizist lächelt ebenfalls, etwas verlegen – der Vorgesetzte sitzt ihm im Nacken. Noch ist nicht entschieden, wie es in Berlin weitergeht, ob die Grenzöffnung von Dauer ist, ob der Frieden hält.
Für Barbara Klemm werden die nächsten Stunden zu den wohl wichtigsten in ihrem beruflichen Leben. Bis tief in die Nacht läuft sie auf der Suche nach Motiven durch Berlin, fotografiert ohne Pause, bis zur Erschöpfung. Dabei gelingen ihr ikonographische Aufnahmen, die sich als Zeitdokumente in das kollektive Gedächtnis eingeschrieben haben.