Michail Gorbatschow

40. Jahrestag der DDR, Ost-Berlin, 1989


Am 7. Oktober 1989 feierte die DDR den 40. Jahrestag ihres Bestehens. Der Festakt in Ost-Berlin fiel in eine turbulente Zeit. In Leipzig und vielen weiteren Städten demonstrierten jeden Montag Zehntausende Menschen gegen das SED-Regime. An anderen Stellen zeigte der „Eiserne Vorhang“ bereits erste Lücken – die ungarische Regierung öffnete im September 1989 die Grenze zu Österreich. Die Zahl der DDR-Flüchtlinge nahm sprunghaft zu, bis die DDR ihre Grenzen zu den östlichen „Bruderstaaten“ schloss. Damit war das Land auch innerhalb des „Ostblocks“ isoliert.

Die Hoffnung der Bevölkerung auf politischen Wandel verband sich vor allem mit dem seit 1985 amtierenden Generalsekretär der KPdSU, Michail Gorbatschow. Dieser leitete unter den Schlagworten „Glasnost“ (Offenheit) und „Perestroika“ (Umgestaltung) einen gemäßigten Kurs ein, der neue Freiheiten versprach. Der SED-Führung ging dies zu weit. Zwischen dem Reformer Gorbatschow und den „Hardlinern“ um Erich Honecker entbrannte ein Konflikt, der bei den Feierlichkeiten zum „Republikgeburtstag“ seinen Höhepunkt erreichte.

Gorbatschow, der Ehrengast des Festakts, wurde von der Bevölkerung in Ost-Berlin mit „Gorbi! Gorbi!“-Sprechchören empfangen. Ein Satz des Hoffnungsträgers vom 6. Oktober 1989 blieb besonders in Erinnerung: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ – eine freie Interpretation der Aussage „Schwierigkeiten lauern auf den, der nicht auf das Leben reagiert“.

Barbara Klemm hat die Situation unter den Linden mit ihrer Kamera festgehalten. Gorbatschows Mahnung, die bald zum geflügelten Wort wurde, richtete sich unmissverständlich an die reformunwillige DDR-Regierung um Erich Honecker. Dessen Zeit war kurz darauf abgelaufen. Am 17. Oktober 1989 zwang das SED-Politbüro den greisen Generalsekretär zum Rücktritt, wenige Wochen später war auch die innerdeutsche Grenze Geschichte.