Der Kosbacher Altar
Ein rätselhafter Fund
Im Mönauer Forst, unweit des Erlanger Stadtteils Kosbach, liegt ein geradezu mystischer Ort. Inmitten eines keltischen Grabhügelfeldes aus der Eisenzeit befindet sich der sogenannte Kosbacher Altar, eine annähernd quadratische Sandsteinformation, entstanden wohl um 800 bis 450 v. Chr.
Spaziergänger können am Fundort eine detailgetreue Nachbildung aus Steinmehl und Kunstharz betrachten. Einige der originalen Grabungsfunde haben ihren Weg ins Stadtmuseum Erlangen genommen, darunter der markante Mittelstein des „Altars“ sowie kostbare Grabbeigaben vom benachbarten Grabhügel. Die Leihgaben stammen aus den Beständen der Ur- und Frühgeschichtlichen Sammlung der Universität Erlangen, die mit den Funden aus der Mönau ihren Anfang nahm. Heute zählt sie zu den größten ihrer Art in Deutschland.
Entdeckt wurde der „Kosbacher Altar“ von einem passionierten Hobbyarchäologen, dem Erlanger Pfarrer Rudolf Herold (1879–1917). Als dieser im Sommer 1913 bei einer Ausgrabung auf die ungewöhnliche Steinformation stieß, vermutete er, eine vorgeschichtliche Weihestätte freigelegt zu haben. Den Mittelstein deutete er als Phallus, womit ihm die Aufmerksamkeit der Presse sicher war. Die Fachwelt hingegen reagierte auf die Entdeckung des Laien eher verhalten. Erst intensive Nachgrabungen im Jahr 1979 bestätigten die Bedeutung des bis heute einzigartigen Fundes.
Nach wie vor gibt die ungewöhnliche Steinsetzung Rätsel auf. Rudolf Herold hatte sie nach ihrem Fundort und der vermuteten Funktion auf den Namen „Kosbacher Altar“ getauft. Dieser setzte sich im Volksmund und schließlich auch in der Wissenschaft durch. Mit der aus christlichen Zusammenhängen bekannten Bedeutung des Wortes „Altar“ hat die Benennung nichts zu tun, Herold bezog sich wohl auf antike Opferplätze, die in der Forschung ebenfalls als Altar bezeichnet werden.
Zwar vermuten manche Wissenschaftler bis heute, dass es sich bei Herolds Entdeckung um einen Aschealtar handeln könnte, wie er aus antiken Kulturen der Ägäis und des südlichen Alpenraums bekannt ist. Gegen diese These spricht jedoch, dass im Umfeld der Steinformation weder Knochenreste noch Gefäße gefunden wurden, wie sie für eine Brandopferstätte typisch wären.
Die Erlanger Prähistorikerin Doris Mischka deutete beim Eröffnungsvortrag zur Ausstellung „Rätsel Kosbacher Altar“ im Erlanger Stadtmuseum 2014 an, dass die ursprünglich wohl bemalten Steine auch an Personen erinnern könnten. Die vertikal aufgestellten Sandsteinkegel sind aber derart verwittert, dass diese Bezüge vage bleiben. Auch wenn vergleichbare Zeugnisse aus der etruskischen Kultur bekannt sind, lassen die Kosbacher Sandsteine keine eindeutige Zuschreibung mehr zu.
Die vielen offenen Fragen schmälern nicht die geheimnisvolle Aura des Ortes in der Mönau, zu dem Wanderer seit über 100 Jahren gerne „pilgern“. Im Gegenteil: Seit Jahren zeugen regelmäßig an „Altar“ und Grabhügel niedergelegte kleine Objekte von dem besonderen Stellenwert, den dieser Platz für einige Menschen besitzt.
Sonja Kammerlander
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